von Barbara Camenzind, 16.12.2024
Lametta mit Pfiff
Seit 21 Jahren gibt es das Blechbläserquintett Generell5. Endlich haben sie es geschafft, ihr erstes Weihnachtsprogramm „O Tannenbaum“ auf die Bühne zu bringen. Persönliche Erinnerungen verwoben die fünf Musiker mit Lieblingsmusik und entkitschtem Walt Disney: Operation gelungen. (Lesedauer: ca. 2 Minuten)
Früher war mehr Lametta, das wusste schon Opa Hoppenstedt von Loriot. (Die Helenenmarsch-Dauerschleife wurde uns jedoch erspart.) Dafür begann im dunklen Kirchenschiff eine wunderbare Trompete mit Schumanns Träumerei. Was ist schöner, als wenn eine Trompete klar klingt? Wenn ein Blechbläserquintett so tipptopp ausgewogen zusammengespielt ist, wie Generell5.
Bei der Zuhörer:in entstand ganz bald der Eindruck, Patrik Arnold und Christoph Luchsinger (Trompeten), Xaver Sonderegger (Posaune), Markus Hauenstein (Tuba) und Thomas Gmünder (Waldhorn) seien ein einziges grosses, atmendes und klingendes Instrument. Mit enormen Stehvermögen, denn über eine Stunde Vollgas in allen Registern durchspielen, muss ein Blechbläser selbst in einer Wagner-Oper nicht. Und dann noch mit Alphorn und an Krücken, wie der verletzte Tubist Hauenstein.
Publikum gut abgeholt
Generell 5 ist mit „O Tannenbaum“ ganz vieles gelungen. Die persönlichen Kindheits-Erinnerungen der fünf Musiker holten einem sofort ab und weckten selbst im schreibenden Weihnachtsmuffel die Erinnerung an den Vater am Klavier und an die Kugeln zerdeppernde Katze auf dem Christbaum. Und das nicht so pseudofeierlich, sondern menschlich, ehrlich, feinironisch.
Okay - und da war noch Bachs Weihnachtsoratorium nach den schon sehr schön gespielten Nussknacker. „Jauchzet, frohlocket“, der Eingangschor aus der ersten Kantate des Weihnachtsoratoriums, gespielt mit fünf Blechblasinstrumenten und das mit soviel Schmackes, das war das perfekte Geschenk für jeden Johann-Sebastian-Bach-Fan. Und es fiel auch fast nicht auf, dass es die Posaune etwas pressant nach Zion hatte. Auch das passte.
Wie die weihnachtlichen Evergreens „Let it snow“ der unvermeidliche „Rudolph the rednosed reindeer“, dem irischem Weisenzauber in New York, „Maria durch ein Dornwald ging“ und „Leise rieselt der Schnee“.
Alles wurde Musik
Generell5 hätte auch Helene Fischers „Atemlos durch die Nacht“ bringen können und es wäre endlich Musik daraus geworden. Aber nein. Die meisten der fünf Musiker sind Familienväter, daher musste Walt Disneys „Frozen“ dran glauben. Das ist erstaunlich guter Klangstoff, so entkitscht, vor allem das Lied der „Ice Harvester“, der Eishacker. Auf diese Weise gespielt, hat das einfach Spass gemacht, zuzuhören.
Das Publikum taute an dem eisigen Abend in Weinfelden immer mehr auf, klatschte begeistert mit und dankte den fünf „Comedian Harmonists of Brass“ für den perfekten Weihnachtsmusikabend mit Standing Ovations. Wohlverdient. Früher war vielleicht mehr Lametta. Generell5 hatte diese am Notenständer und beschenkte uns mit bester Musik und lieben, lustigen Erinnerungen.
P.S.: Ob es klug war, aus dem Buben- Weihnachtsdrämchen-Erinnerungschatz ausgerechnet die Geschichte der gemopsten Tanne aus dem Korporationswald zu bringen, ist fraglich. Weil Korporationen etwa so nachtragend sind, wie Tannen langlebig. Vielleicht ist es ja mit einem Ständchen generell ausgebügelt…
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