von Judith Schuck, 06.05.2025
Neue Räume für Tanz

Mit TanzSpur2 lädt das Tanz Netz Thurgau am 10. und 11. Mai zum zweiten experimentellen Anlass ins Eisenwerk Frauenfeld. Die Shedhalle wird dann zum Labor für unterschiedliche Kunst- und Bewegunsrichtungen. (Lesedauer: ca. 3 Minuten)
Mit Räumen beschäftigen wir uns bei thurgaukultur immer wieder. Tanz Netz Thurgau stellt seine zweite Veranstaltung TanzSpur2 unter den Titel Räume teilen. Der Verein gründete sich im Herbst 2024 mit dem Ziel, dem Tanz im Thurgau mehr Sichtbarkeit zu verschaffen und Künstler:innen mit Thurgaubezug zusammenzubringen. „Wir wollen die Tanzszene besser vernetzen“, erklärt Davina Wölfle-Obitz aus dem Vorstand, „und Räume für Tanz gewinnen.“ Im Fokus dabei – so genannte „kalte Räume“: Das sind Räume, die eigentlich nicht für Tanz vorgesehen sind. Gerade diese will das Tanznetz entdecken und beleben.
Die TanzSpur1 lief im November 2024 unter dem Motto Wilde Plattform. Neun Tänzer:innen trafen sich hierfür zum Experimentieren im Werk 2 in Arbon. Der Raum war im wahrsten Sinne des Wortes kalt, da die ehemalige Produktionshalle noch nicht beheizt war. Das TanzNetz durfte sie bereits vor der offiziellen Eröffnung nutzen. Die Halle wurde aber nach der Erzählung von Davina Wölfle-Obitz und ihrer Vorstandskollegin Jana Dünner von der geballten Thurgauer Tanzpower aufgeheizt.
Im Tanz gibt es viele Stile und Bewegunsrichtungen und so waren die Hintergründe der Teilnehmer:innen auch vielfältig. „Wir haben ausprobiert und verschiedene Bewegungsrichtungen getestet“, erinnert sich Davina Wölfle-Obitz. „Es war toll, sich so spielerisch kennenzulernen. Wir sind uns vorher nur in Meetings begegnet.“ Zum Vorstandskollektiv von Tanz Netz Thurgau gehören: Gisa Frank, Rahel Buschor, Lea Thomen, Mirjam Merkhofer-Bührer, Micha Stuhlmann, Claudia Heinle, Viviane Hummel, Hongsoo Kim, Jana Dünner sowie Davina Wölfle-Obitz.

Die grosse Neugier: „Was machen denn die anderen so?“
Jana Dünner gefiel die Neugierde, mit der sich die Tänzer:innen im Werk 2 begegneten: Dass die Mitglieder vom TanzNetz Thurgau aus verschiedenen Tanzgenres kommen, könne schwierig sein. „Aber wir haben diesen Hintergrund genutzt, um gemeinsam etwas zu bewegen. Wir haben geschaut, was machen denn die anderen so? Wir haben bei dem Event Zusammenhalt gespürt und das macht weniger einsam in einer Region wie dem Thurgau, der ein eigentliches Zentrum fehlt.“
Jana Dünner lebt in Zürich. Mit ihrer Compagnie Remidemi erarbeitet sie die erste Ko-Produktion, die vom Phoenix Theater in Steckborn als neues Förderprogramm ausgeschrieben ist. Einmal pro Woche kommt Jana Dünner in den Thurgau, wo sie als freischaffende Tanzlehrerin in Weinfelden unterrichtet, in erster Linie Hip Hop und Streetdance.
„Ich sehe grosses Potenzial im Thurgau“, sagt Jana Dünner. Die Musikschule Weinfelden investiere viel in die Talentförderung. Was essentiell sei, denn: „Wenn es keine Förderung oder Möglichkeiten zu Arbeiten gibt, verlässt der Nachwuchs den Thurgau.“ Sie findet wichtig, dass der Job Tänzer:in als Beruf wahrgenommen werde. „Viele verbinden das nur mit Balletttänzer:in am Opernhaus. Aber ich spüre, dass wir im Verein auch in dieser Richtung etwas bewegen wollen, mehr Wertschätzung und Aufklärung für den Tanz zu schaffen.“
Fragilität und Vergänglichkeit des Körpers
Zu Räume teilen, das am 10. und 11. Mai in der Shedhalle im Eisenwerk Frauenfeld stattfindet, hat Tanz Netz Thurgau das Schweizer Tanzkollektiv Dance me to the end … eingeladen. Gisa Frank, die im Vorstand von Tanz Netz ist, ist Teil des Kollektivs, das sich mit dem alternden Körper, dem „Körper als Archiv mit seiner Fragilität, Weisheit, Narrenfreiheit und Vergänglichkeit“ beschäftigt, wie es seinen Ansatz beschreibt; aber auch mit dem „Modell des Kollektiven“, das Spannungsverhältnisse zwischen Individuum und Gruppe generiert.
Zu den acht Tänzer:innen von Dance me to the end gesellen sich Mitglieder aus dem TanzNetz Thurgau sowie Christoph Luchsinger, Weinfelder Musiker und Initiator von Noeise, eine interdiziplinäre Konzertreihe im Thurgau, und die Toggenburger Foto- und Videokünstlerin Zoé Kugler. Insgesamt kommen so 17 Kunstschaffende zusammen. Zoé Kugler und Jana Dünner drehten 2024 gemeinsam den Kurzfilm Secure über sexualisiert Gewalt, für den sie den Publikumspreis bei den Schweizer Jugendfilmtagen in Zürich gewannen.

Interdisziplinärer Prozess
Zusammen mit der Live-Musik und Videokunst wollen die Tänzer:innen ein Experimentierfeld eröffnen. „Wir wollen Räume teilen, Ideen teilen und Musik und Foto sollen aktiv am Prozess teilnehmen“, erklärt Davina Wölfle-Obitz. Sie stammt ursprünglich aus Berlin und kommt vom klassischen Ballett und Bühnentanz. Seit ihrer Ausbildung als Tanzpädagogin arbeitet sie als Choreografin und freischaffende Tänzerin und Tanzpädagogin.
Das Eisenwerk sehen sie als wichtige Kulturstätte im Thurgau, wo schon länger Kunstformen gemischt werden. Für die TanzSpuren kontaktieren sie alle Tanzschaffenden im Thurgau und laden sie zur Teilnahme ein. Der erste Tag dient dem gemeinsamen Experimentieren, der zweite Tag, 11. Mai, ist offen für Publikum.


Von Judith Schuck
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