08.01.2025
Adrian Oettli wird neuer Staatsarchivar
Adrian Oettli übernimmt per 1. Juni 2025 die Leitung des Staatsarchivs des Kantons Thurgau. Er folgt auf André Salathé, der seit 1995 als Staatsarchivar amtet und nun pensioniert wird. (Lesedauer: ca. 1 Minute)
Der 40-jährige Adrian Oettli arbeitet seit 2015 beim Staatsarchiv des Kantons Thurgau. Zuerst war er Abteilungsleiter des Archivdienstes für Gemeinden, heute ist er Abteilungsleiter Bestandsbildung inklusive der Archivinformatik sowie Digitalisierungsverantwortlicher für das Departement für Inneres und Volkswirtschaft.
Seine erste Ausbildung absolvierte er als eidgenössisch diplomierter Informatiker mit kaufmännischer Berufsmaturität. Danach durchlief er die Zweitwegmatura und schloss 2011 an der Universität Zürich das Studium in Allgemeiner Geschichte und historischen Hilfswissenschaften ab. Adrian Oettli ist im Kanton Thurgau aufgewachsen, verheiratet, Vater von vier Kindern und wohnt in Frauenfeld.
Adrian Oettli tritt als Staatsarchivar die Nachfolge von André Salathé an. Dieser hatte die Leitung des Staatsarchivs im Jahr 1995 übernommen und wird nun pensioniert.
Was hält eigentlich den Thurgau zusammen? Und wie lange gibt es den Kanton überhaupt noch? Kaum jemand denkt so tief über solche Fragen nach wie André Salathé (Bild: Sascha Erni). 2018 trat er als Präsident des Historischen Vereins zurück. Mit thurgaukutur.ch sprach er damals ausführlich über die Lage im Thurgau.
Teil 1 des Interviews:
André Salathé, wieso soll man sich überhaupt mit der Thurgauer Geschichte befassen? Sogar der Kantonshistoriker Albert Schoop schrieb, sie sei «so undramatisch wie die Landschaft selbst».
Selbst in einer undramatischen Landschaft, also in der Geschichte der Gesellschaften, die hier lebten, widerspiegelt sich die Weltgeschichte. Wir können sie also hier studieren, wo wir uns bewegen.
Zum Beispiel?
Das sehen wir doch an jeder Ecke. Wir wollten deshalb einmal Ausfallstrassen anschauen, also beispielsweise in Frauenfeld vom Schloss im historischen Kern zum Tower an der Autobahneinfahrt gehen, zwei Kilometer durch die Zeit. Das sollte uns eine Antwort auf die Frage geben, warum man in der Altstadt niemanden mehr sieht, sondern alle an den Tankstellenshops und in den Einkaufszentren, also die Amerikanisierung oder Globalisierung seit dem Zweiten Weltkrieg zeigen. Oder wir könnten, wenn es dies noch gäbe, vor die erste Zapfsäule im Thurgau hinstehen und eine Geschichte der Motorisierung entwickeln. Wir brauchen nur den Blick dafür.
Solche Entwicklungen liessen sich überall auf der Welt beobachten. Muss es gerade Thurgauer Geschichte sein?
Ja, grundsätzlich meine ich – obwohl ich vielleicht als Ewiggestriger dastehe: Wenn dieser Kanton nicht nur behaupten will, er bewahre noch etwas an Autonomie, obwohl er sie immer mehr an Bern oder Brüssel abtritt, dann müssen wir uns mit seiner Geschichte befassen. Sonst müssen wir irgendwann ein Gesuch um Anschluss an einen anderen Kanton stellen. Es reicht nicht, über die Zürcher mit ihrer Selbstherrlichkeit oder die St. Galler mit ihren Ansprüchen zu jammern. Wir müssen uns selber darauf besinnen, was uns zusammenhält. Diese Verbundenheit in Selbständigkeit erodiert – oder sie ist schon erodiert. Das ganze Interview lesen
Teil 2 des Interviews (im zweiten Teil unseres Interviews blickt er auf seine Anfänge und das Geschichtsbewusstsein der jungen Generation).
André Salathé, als ich erstmals ins Thurgauer Staatsarchiv ging, weil ich für ein Mittelalter-Seminar zur Entstehung des Dorfes eine Arbeit über Weinfelden schrieb, raunzte mich Staatsarchivar Bruno Meyer an: «Sagen Sie Professor Sablonier einen Gruss: Was Sie machen wollen, ist ein Seich.» Wie erlebtest du deinen Einstieg in die Thurgauer Geschichte?
Ich ging für das zweite Proseminar ins Staatsarchiv, weil ich etwas zu Diessenhofen im Mittelalter schreiben sollte. Da gab es keine Probleme, weil ich vom richtigen Professor kam: von Hans Conrad Peyer. Er war, wie ich später in den Akten sah, einer von wenigen, mit denen Bruno Meyer überhaupt noch den Kontakt pflegte. Die Allgemeine Geschichtsforschende Gesellschaft der Schweiz sägte ihn 1953 als Sekretär ab. Und deshalb liess er tatsächlich alle Schüler von ihm missliebigen Professoren abblitzen, aus Zürich nur jene von Peyer und von Muralt nicht.
Du hast schon während des Studiums einen Arbeitskreis zur Thurgauer Geschichte gegründet.
Ja, zusammen mit Jakob Stark, dem heutigen Regierungsrat.
Warum? Weil die offizielle Thurgauer Geschichtsschreibung vernachlässigte, was ihr wichtig fandet?
Ganz eindeutig. Wir sahen, dass überhaupt niemand grosse Themenfelder bearbeitete, so die ganze Sozialgeschichte. Deshalb schauten wir beispielsweise die Infrastrukturen an, wie die Friedhöfe oder die Wasserversorgung, die Ende des 19. Jahrhunderts entstanden, und fragten uns, was die Einweihungsfeiern über diese Gesellschaft sagten. Zu einigen der Themen, zu denen wir damals arbeiteten, führte der Historische Verein in den letzten Jahren Zyklen von Führungen durch. Wir luden aber auch Albert Schoop ein, dessen Geschichte des Kantons Thurgau 1988 viel Kritik erntete. Allerdings sahen wir in der offenen Diskussion, dass uns wenig verband. Das ganze Interview weiter lesen.
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