von Urs Oskar Keller, 20.06.2025
Fritz Kappeler: Von Künstlern angezogen

Augenblicke (3): Der Frauenfelder Filmregisseur beschäftigte sich lange mit Adolf Dietrich. Unser Fotokolumnist traf ihn im Frühjahr 1996 zur Saisoneröffnung des Adolf-Dietrich-Hauses in Berlingen. (Lesedauer: ca. 1 Minute)
Fritz fuhr gerne mit seinem schweren Motorrad von Frauenfeld über den Seerücken an den Untersee. Zum Essen oder zum Baden. So auch im Frühjahr 1996 zur Saisoneröffnung des Adolf-Dietrich-Hauses mit Apéro in Berlingen. Die geladenen Gäste konnten den wieder angelegten Nachbarsgarten von Dietrich besuchen (Bild). Es war auch der Beginn meiner Betreuungstätigkeit im Wohnhaus und Atelier des Malers an der Seestrasse, wo ich fast sieben Jahre lebte und arbeitete.
Friedrich «Fritz» Kappeler, Jahrgang 1949, Fotograf und Regisseur, war von Künstlern angezogen. Fritz besuchte zuerst das Gymnasium (Handelsdiplom) und engagierte sich bereits als 15-Jähriger im Amateur-Filmclub, den damals der Fernsehmoderator Kurt Felix präsidierte. Gegen des Willen seines Vaters liess sich der Fabrikantensohn an der Schule für Gestaltung in Zürich zum Fotografen ausbilden. Kappeler: «Ich lernte dieses Metier vor allem um Filmer zu werden», erzählte er.
Später besuchte er Hochschule für Film und Fernsehen München. Kappeler war als Hilfsdienst-HD-Soldat im Armeefilmdienst eingeteilt – wurde aber nie aufgeboten. 1991 drehte er einen viel beachteten Film über den berühmten Maler Adolf Dietrich (1877-1957). Seit 1977 freischaffender Filmautor und Fotograf, Drehbuchwerkjahr Kieslowski/Zebrowski, Filmkurse an der Schule für Gestaltung Zürich, Fotoausstellungen. Er wurde vor allem bekannt für seine Filmportraits über den Liedermacher Mani Matter und Varlin, den Schriftsteller Gerhard Meier und Clown Dimitri.
Video: Friedrich Kappelers Film über Clown Dimitri
Wie Kappeler auf Adolf Dietrich blickte
Mit einem Budget von 300'000 Franken realisierte der damals 53-Jährige dank dem Winterthurer Mäzen George Reinhart und anderen Institutionen den 90 Minuten dauernden Kinofilm «Adolf Dietrich, Kunstmaler». Er lässt darin den Berlinger Maler in Begegnungen mit dessen Bekannten und Verwandten, in seinen Bildern und Schriften wieder zu Wort kommen.
Und was man da nebst bekannten Werken wie «Mädchen mit Maikäfer» und den Porträts von Ida Füllemann oder Sophie Dietrich entdeckt, ist ein Mensch mit Widersprüchen. Einerseits ein mutiger Künstler, andererseits ein unsicherer und verletzlicher Gefühlsmensch – ein Maler, der mit Pinsel und Farbe die Pracht von Alltagsgegenständen, Tieren, Pflanzen und den Untersee in weit über 1300 Gemälden einfing.
Fritz war ab und zu in Berlingen anzutreffen. Er kehrte gerne ins Gasthaus Hirschen ein, wo auch Adolf Dietrich gelegentlich ein Geschnetzeltes ass. Ein Kritiker schrieb: Aus Kappelers Dietrich-Film sei auch ein Film über den Abschied geworden. Der Dokumentarfilmer starb am 3. Oktober 2022 in Frauenfeld.
Die Serie «Augenblicke»
In der Fotokolumnen-Serie «Augenblicke» zeigt Urs Oskar Keller besondere Momente aus seiner Zeit als Foto-Reporter in unserer Region. Zu den Fotografien schreibt er in kurzen Texten auch, wie die Aufnahmen entstanden sind und was sie so besonders macht. Gewissermassen entsteht so eine kleine Geschichte besonderer Foto-Momente aus den vergangenen 50 Jahren.
Alle Beiträge der Serie bündeln wir in einem Themendossier.

Von Urs Oskar Keller
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