von Michael Lünstroth・Redaktionsleiter, 21.10.2024
Auf Kinderaugenhöhe
Wie bringt man Kindern Kunst näher? Die Kulturmanagerin und Journalistin Jana Mantel hat mit ihrem Projekt „Kunst im Kinderblick“ eine Antwort darauf gefunden. (Lesedauer: ca. 3 Minuten)
Bei Jana Mantel war am Anfang nicht das Wort, sondern der Mangel. Die Journalistin und Kulturmanagerin war damals gerade frisch aus Fürth an den Bodensee gezogen. Sie wollte hier das fortführen, was sie im Fränkischen schon etabliert hatte - eine Veranstaltungsreihe, die Kindern Kunst näher bringt. Jahrelang hatte sie das in einer Galerie in Fürth gemacht. Mit Erfolg - die Galerie wurde für Kinder und oft auch für deren Eltern ein niederschwellig zugänglicher Ort, in dem man spannende Sachen entdecken kann. Die Berührungsängste mit Kunst hatten sich bei vielen aufgelöst.
In Konstanz angekommen musste sie aber feststellen: „Es war so wenig Kunst und Kultur in der Stadt fühlbar“, erinnert sich Mantel, die inzwischen als Autorin auch für thurgaukultur.ch schreibt. Also beschloss sie: Wenn es hier nichts gibt, dann mache ich eben selbst etwas. Auch aus der Erfahrung heraus, dass die etablierten Institutionen vor Ort sich nicht gerade darum gerissen hatten, ein neues Format für Kinder zu entwickeln.
„Ich habe es dann einfach selbst umgesetzt“, sagt Mantel in einem Café im Konstanzer Stadtteil Paradies. Zufälle brachten Gelegenheiten und nach einer ersten Ausstellung im Rathaus Litzelstetten (ein Ortsteil von Konstanz) vor zwei Jahren entstand die Reihe „Kunst im Kinderblick“. Das städtische Kulturamt fördert das Projekt, ab 25. Oktober startet die dritte Auflage im Saal des Neuwerk (Oberlohnstrasse 3).
Die Idee hinter dem Konzept
Das Konzept des Formates ist mit dem Titel schon ziemlich gut beschrieben. In den Ausstellungen, die Jana Mantel macht, hängen die Kunstwerke auf Kinderaugenhöhe. Dabei gehe es ihr darum, den Kindern einen direkten Zugang zu den Arbeiten zu ermöglichen. Gezeigt werden Zeichnungen der Künstlerin Luise Merle. Sie hat verschiedene Szenen zum Thema Tanz festgehalten in feinen Strichen. Merle leitet auch die Kunstschule Konstanz.
In einem ersten Schritt ist es Jana Mantel wichtig, dass die Kinder die Kunst anschauen. „Es geht darum Kunst zu betrachten ohne Vorkenntnisse und sie auf sich wirken zu lassen“, erklärt Mantel ihren Ansatz. Spielerisch nähere sie sich dabei Fragen wie „Was ist überhaupt ein Künstler:in?“ oder „Was macht die unterschiedliche Hängung der Arbeiten mit den Betrachter:innen?“
Kunst als Kommunikationsmittel
Ihre Erfahrung dabei: „Kinder gehen oft herrlich offen damit um. Sie sagen ganz klar, ob ihnen etwas gefällt oder nicht“, findet die Kulturvermittlerin. Die ersten Fragen seien ohnehin oft nur ein erster Anstoss, „danach kommen wir sehr oft ins Gespräch, einfach durch das Betrachten der Bilder“, gibt Mantel einen Einblick in ihr Projekt.
Kunst versteht sie in diesem Sinne auch als eine Kommunikationsform. Sie löse Irritationsmomente aus, die einen kurz innehalten liessen und daraus entstehe das Bedürfnis sich darüber auszutauschen. „Kinder sind da ganz unkompliziert und direkt“, sagt Mantel. Interessant dabei: In Fürth hat sie gemerkt, dass von dem Kunsterlebnis nicht nur die Kinder berührt werden, sondern auch deren Eltern: „Die Kinder wollen ihre Eltern schliesslich die Bilder zeigen, die sie besonders toll fanden. Und so kommen dann plötzlich auch die Eltern in eine Galerie, die sie sonst vielleicht nie im Leben betreten hätten.“
Das Ziel: Kunst soll raus aus der Schublade
Zugangsschwellen senken, raus aus den Schubladen, die Kunst ins Leben holen - das sind wesentliche Elemente von Mantels Projekt. „Für viele Menschen ist ein Museumsbesuch heute auch wie eine Prüfung, weil sie das Gefühl haben, sie müssten alles verstehen, das schreckt viele ab, diese Angst versuche ich den Menschen zu nehmen mit dem Projekt“, sagt Mantel.
Das funktioniere auch deshalb so gut, weil sie sich in ihren Workshops nicht allein auf die Kunst verlasse, sondern auch Tanz (über die Motive) und Musik (die sie dazu einspielt) einbinde. In der Vorbereitung sucht sie zu den Bildern passende Musik heraus. Sie fragt die Kinder dann, welche Musik zu welchem Bild passt. „Durch den Einsatz der Musik schauen die Kinder die Bilder nochmal genauer an“, hat die Kulturvermittlerin gemerkt.
Ihr Projekt versteht sie ohnehin interdisziplinär, deshalb lädt sie auch befreundete Künstler:innen ein ins Rahmenprogramm: Die Theater- und Tanzpädagogin Tanja Jäckel und die Tanzpädagogin Jasmin Schneider geben beispielsweise in der Ausstellung eigene Tanzworkshops für Kinder.
Die soziale Komponente des Projektes
Jana Mantel verwendet bei ihren Workshops daneben auch ganz einfache Mittel wie „Stopptanz“ und in Abwandlung „Stoppmalen“. Das Ziel: Keiner malt sein eigenes Bild, sondern bei jedem Stopp wechseln die Kinder die Station und malen das Bild eines anderen Kindes weiter. Am Ende entsteht dann ein grosses gemeinsames Klassenbild. Das bringe die Kinder in ihrer Gruppe zusammen, diese soziale Komponente sei immer Teil des Projektes, sagt Mantel.
Wer es selbst erleben will: Schulklassen und Kitagruppen können sich per E-Mail (info@janamantel.de) anmelden. Der Kurs kostet 20 Euro pro Gruppe. Man kann die Ausstellung aber auch ohne Workshop ansehen. Sie ist geöffnet am 26./27. Oktober., 3./9. und 10. November, jeweils 12 bis 16 Uhr. Am Sonntag, 10. November gibt es um 11 Uhr zudem eine Führung für Familien.
Das Rahmenprogramm zur Ausstellung
Donnerstag, 24. Oktober, 18 Uhr: Vernissage
Samstag, 26. Oktober, 10 bis 12 Uhr: Flamenco-Tanzworkshop für Erwachsene mit Jana Mantel
Donnerstag, 31. Oktober, 9:30 bis 10:30 Uhr Tanzworkshop für Kinder von 5-7 Jahren mit Jasmin Schneider, Tanzpädagogin
Samstag, 9. November, 10 bis 12 Uhr: Tanztheaterworkshop für Kinder von 8-12 Jahren mit Tanja Jäckel, Tanz- und Theaterpädagogin
Sonntag, 10. November, 11 Uhr: Interaktive Führung für Familien mit Kindern mit Jana Mantel
Sonntag, 10. November, 18 Uhr: Finissage mit Tanzeinlagen und der Möglichkeit zu Zeichnen
Weitere Informationen und Anmeldungen unter info@janamantel.de
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