von Michael Lünstroth・Redaktionsleiter, 15.05.2025
Eine Vision wird konkreter

Mit 26 Millionen Franken will die Stadt Frauenfeld die nächste Etappe der Neuentwicklung der Stadtkaserne stemmen. Die Entwürfe zeigen, welch aussergewöhnliche Ort entstehen kann. Aber sie legen auch offen, wo noch Hürden sind. (Lesdauer: ca. 5 Minuten)
Eine Dachterrasse mit Blick auf das Bahnhofsquartier, ein begrünter Innenhof mit Parkambiente und viel Platz zum Entspannen oder Spielen, dazu eine Eventhalle für bis zu 2000 Besucher:innen: Mit den neuen Entwürfen für die Umgestaltung der Stadtkaserne läutet die Stadt Frauenfeld die nächste Etappe der Entwicklung des 14’000 Quadratmeter grossen Areals im Herzen der Stadt ein.
„Das ist eine einmalige Chance für unsere Stadt. Mit der Übernahme des Areals können wir selbst gestalten und aktive Stadtentwicklung betreiben“, sagte Andrea Hofmann-Kolb, Stadträtin für Bau in der Kantonshauptstadt bei einer Medienkonferenz.
Die Gesamtsanierung rückt in weite Ferne
Mit insgesamt 26 Millionen Franken soll „in den nächsten fünf bis zehn Jahren“, so Hofmann-Kolb, die Stadtkaserne weiter entwickelt werden. Die jetzt vorliegenden Pläne konzentrieren sich auf einen begrenzten Bereich des Geländes, die Gesamtsanierung der Kaserne wird weit länger dauern und mehr Geld brauchen. Rund 50 Millionen Franken zusätzlich, heisst es.
Woher dieses Geld kommen könnte, ob die Stadt auch die weiteren Schritte planen wird oder ob sie an einen externen Immobilienentwickler übergeben werden, „das können wir jetzt noch nicht sagen“, so die Bau-Stadträtin. Die Vertiefungsstudie diente demnach vor allem dazu einen ersten weiteren Schritt zu machen und eine mittelfristige Planung vorzulegen.

Am 17. und 18. Mai öffnet die Stadtkaserne Frauenfeld offiziell ihre Türen. Gemeinsam mit der Bevölkerung will die Stadt den Auftakt zu einem neuen Kapitel für das geschichtsträchtige Areal im Herzen von Frauenfeld feiern. Zwei Tage lang zeigen die Pionierinnen und Pioniere, was in der Stadtkaserne entsteht – mit spannenden Angeboten, kreativen Räumen und vielen Gelegenheiten zum Mitmachen und Verweilen. An beiden Tagen beginnt das Stadtkasernenfest um 10 Uhr. Der offizielle Auftakt findet am Samstag um 14 Uhr statt – mit einer Begrüssung durch Stadtpräsident Anders Stokholm und Stadträtin Andrea Hofmann Kolb.
Wer mehr über die historischen Gebäude erfahren möchte, kann auf einer Führung einen Blick hinter die Kulissen werfen. Auf den Rundgängen entdecken Besucherinnen und Besucher das Hauptgebäude, den Offizierstrakt und die Doppelreithalle. Die Führungen starten jeweils zur vollen Stunde zwischen 11 und 16 Uhr (ausser 14 Uhr).
Zu besichtigen gibt es auch die Ausstellung zu den Ergebnissen der Vertiefungsstudie zum städtebaulichen Ideenwettbewerb. Die Ausstellung zeigt, wie die Stadtkaserne Frauenfeld in Zukunft baulich weiterentwickelt und genutzt werden kann.
An beiden Tagen endet der Anlass um 17 Uhr. Der Festbetrieb am Samstag dauert bis Mitternacht. Weitere Informationen zum Programm finden Interessierte auf der Webseite www.stadtkaserne-frauenfeld.ch/stadtkasernenfest
Seit Jahren wird in Frauenfeld über das Areal in Bahnhofsnähe diskutiert, im ersten Architektenwettbewerb hatte sich eine Vision für das Gelände heraus geschält. Die Ergebnisse der jetzt abgeschlossenen Vertiefungsstudie haben diese Vision konkretisiert.
Drei Architekturbüros hatten Entwürfe in der Studie abgegeben, gewonnen hat, wie auch schon 2016, das Zürcher Archietkturbüro Park Arch und Müller Illien Landschaftsarchitekten mit ihrem Vorschlag „All day long“. Der Gedanke hinter dem Entwurf - das Gelände soll den ganzen Tag erlebbar sein. Schliesslich ist das ja der grosse Gewinn für die Stadt - dass ein Areal, das jahrzehntelang vom Militär abgeschottet war, nun der Öffentlichkeit zugänglich wird.
Gezielte Eingriffe, die den Charakter des Baus erhalten
„Das Gewinnerkonzept überzeugt durch gezielte Eingriffe. Der Charakter des geschichtsträchtigen Areals bleibt erhalten, gleichzeitig entstehen neue Möglichkeiten für die Nutzung der Gebäude“, sagte Robert Scherzinger, Leiter des Frauenfelder Amt für Hochbau und Stadtplanung an der Medienkonferenz. Tatsächlich sind die Eingriffe der Architekten behutsam und wohl auch dem begrenzten Budget geschuldet. Die Architekten wollen darin aber auch eine Chance sehen: „Architektur wird nicht zwingend besser, wenn man mehr Geld hat“, sagte Gilbert Isermann im Gespräch mit thurgaukultur.ch Der Kostendeckel zwinge auch dazu, neue Ideen zu finden.
Die Visualisierungen der Architekten wirken vielversprechend. Sie sehen unter anderem eine grosse Dachterrasse mit Blick auf den Bahnhof vor. Über der Terrasse wird ein markantes Namensschild auf die Stadtkaserne hinweisen, damit auch alle Bahnreisenden im Vorbeifahren bemerken können, dass in Frauenfeld etwas Neues entsteht. Der weite Innenhof der Kaserne soll mit zusätzlichen Baumreihen und erneuerten Vordächern verschönert werden. Zudem sollen neue Durchgänge die Verbindungen erleichtern.

Viel Geld für Sicherheit, Brandschutz und Statik
Schon jetzt muss man nicht mehr um das Gelände herumlaufen, wenn man zum Bahnhof gelangen möchte, sondern kann direkt durch die Kaserne gehen. So sollen Kaserne und Stadt stärker zusammenrücken, erklärte die Architekten. „Das wird ein urbaner und städtischer Raum mit viel Grün, wir schaffen einen autofreien Platz mitten in der Stadt, den man ganz vielfältig erleben kann“, sagte Robert Scherzinger, Leiter des Frauenfelder Amt für Hochbau und Stadtplanung an der Medienkonferenz.
Auch Teile des Hauptgebäudes sollen mittelfristig saniert werden. Ein erheblicher Teil des Baubudgets wird zudem in Brandschutz, Statik und Erdbebensicherheit des Baus fliessen. Allesamt zwingende Massnahmen für den weiteren Betrieb des Gebäudes.

Von der Reithalle zum Eventschuppen?
Zentral bei der Umgestaltung in den nächsten Jahren soll auch die Sanierung der Doppelreithalle werden. Schon jetzt ist sie so ertüchtigt, dass Veranstaltungen für bis zu 300 Personen dort stattfinden können. Das soll aber weiter ausgebaut werden. Aus dem historischen Gebäude soll eine Eventhalle für bis zu 2000 Menschen werden. „Bei der Form der Nutzung sind wir offen für innovative Ideen. Die Halle kann man für private Feiern oder auch Firmenanlässe mieten, es können aber auch öffentliche Veranstaltungen dort laufen“, sagte Andrea Hofmann-Kolb.
Da die Halle allerdings ungeheizt und ungedämmt bleibt, wird sich die Nutzung wohl am ehesten auf die Sommermonate konzentrieren. Was sonst in der Reithalle möglich werden könnte, hänge aber auch vom Ausgang der Abstimmung über das Stadtcasino im März 2026 ab, fügte die Bau-Stadträtin hinzu.
20 Millionen von der TKB, sechs Millionen aus der Stadtkasse
Das Geld für den jetzt geplanten Umbau stammt im Wesentlichen aus dem Verkauf von Partizipationsscheinen der Thurgauer Kantonalbank. Insgesamt 127 Millionen Euro standen daraus zur Verfügung und der Kanton finanziert damit nach aktuellen Plänen 20 nachhaltige Projekte. Eines davon ist der so genannte „Markt Thurgau“, ein Konzept, das nun massgeblich die Stadtkaserne beleben soll. 20 Millionen Franken erhält die Stadt Frauenfeld dafür. Das Ziel ist die Schaffung eines Schaufensters für Thurgauer Produkte, Dienstleistungen und Ideen (mehr zu der Vision gibt es hier).
Die restlichen sechs Millionen Franken will die Stadt aus dem regulären Haushalt bereitstellen. Am Budget sei nun auch nicht weiter zu rütteln, der Kostendeckel von 26 Millionen Franken gelte für die nächsten fünf bis zehn Jahre, erklärte Andrea Hofmann Kolb. Wie es danach weiter geht, das sei noch offen. Möglich sei sowohl, dass die Stadt das Projekt in Eigenregie weiterführe, als auch die Vergabe an einen externen Immobilienentwickler. „Diese Fragen werden wir in den nächsten Jahren klären, jetzt gehen wir erstmal diesen weiteren Schritt“, so Hofmann-Kolb.

Wie es jetzt bis Frühjahr 2026 weitergeht
Auch dieser Schritt gliedert sich in viele kleine Schritte auf. Bis im Frühling 2026 will die Stadt zusammen mit dem Architekturbüro das Vorprojekt erarbeiten und die nächsten Entwicklungsschritte festlegen. Danach folgen die Phasen Bauprojekt, Baubewilligung und Ausschreibung. Die Etappierung sei auch deshalb sinnvoll, damit weitere Teile des Areals schnellstmöglich neu genutzt werden können.
Wer sich selbst ein Bild von den Entwürfen machen möchte: Vom 17. bis 24. Mai sind die Beiträge täglich von 10 bis 17 Uhr in der Stadtkaserne Frauenfeld, im Forum Baukultur Thurgau ausgestellt (Stallungen Süd, Eingang 4A). Wem das nicht reicht: Persönliche Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern der Stadt sind am Stadtkasernenfest am 17. und 18. Mai sowie am Samstag, 24. Mai möglich.


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