Seite vorlesen

„Manchmal braucht es politische Courage!“

„Manchmal braucht es politische Courage!“
Ab Juli neuer Direktor der Pro Helvetia: Michael Kinzer. | © Pro Helvetia/federal studio

Michael Kinzer hat als Kulturchef in Lausanne gezeigt, wie Stadtentwicklung und Kultur voneinander profitieren können. Im Juli wird er Direktor der Pro Helvetia. Was kann der Thurgau von ihm lernen? Ein Gespräch über Mut, Kultur als Wirtschaftsfaktor und politische Überzeugungsarbeit. (Lesedauer: ca. 10 Minuten)

Herr Kinzer, Sie waren viele Jahre Kulturschaffender und Kulturorganisator, Sie sind seit 2017 Kulturchef der Stadt Lausanne und haben Stadt und Kulturszene auf verschiedenen Wegen geprägt. Aus ihrer Erfahrung: Welche Rolle kann Kultur in der Entwicklung von Städten und Gemeinden spielen?

Kultur kann unser Zusammenleben prägen. Deshalb ist es wichtig, Kultur in alle Stadtentwicklungsprozesse einzubeziehen. Kultur schafft Dialog, Begegnung und Austausch, all das, was wir in der heutigen Gesellschaft dringend brauchen. Ausserdem profitieren Städte und Gemeinden auch wirtschaftlich davon, wenn sie in Kultur investieren. Wir haben in Lausanne eine Studie gemacht, die gezeigt hat, dass jeder investierte Franken in die Kultur mehr als drei Franken zurückbringt in die Region. 

Macht Kultur in diesem Sinne eine Region attraktiver?

Ja, absolut. Attraktivität ist aber immer mehrdimensional. Sie wird touristisch gedacht, um Menschen in die Region zu locken. Aber natürlich ist die Attraktivität auch wichtig für die Leute, die bereits dort wohnen. Kultur ist in Sachen Lebensqualität und Wohlfühlfaktor ganz sicher ein Schlüsselakteur. Ich kann Ihnen das an einem Beispiel erklären, das mich sehr geprägt hat.

Sehr gerne. Welches war das?

Das Kulturzentrum Le Centquatre in Paris. Es ist eine Umnutzung der Stadt in einer durchmischten Nachbarschaft. Dort werden sehr zeitgenössische Positionen präsentiert und da kommen verschiedenste Publika zusammen. Dort tauscht man Bücher aus, besucht zeitgenössische Tanzperformances oder Kunstausstellungen. Dort treffen sich Familien aber auch einfach mit ihren Kindern und Freunden, es gibt Sportmöglichkeiten und dieses Zusammenleben und Zusammenbringen von sehr verschiedenen Aktivitäten ist sicher eine ganz grosse Stärke, die die Kultur leisten kann.

 

Wie schwierig war es für Sie in Ihren verschiedenen Aufgaben, diese Bedeutung von Kultur auch in die Politik zu vermitteln?

Hier in Lausanne gibt es ein sehr gutes Verständnis von der Bedeutung der Kultur für unser Zusammenleben. Es ist hier schon vor Jahren gelungen, Kultur als etwas zu etablieren, das Teilhabe ermöglicht, das für alle Bevölkerungsgruppen und -schichten zugänglich ist und dass der Gesellschaft einen ganz speziellen Wert bringt. Wenn ich auf die Schweiz insgesamt blicke, dann sehe ich, dass dieses Verständnis für Kultur vor allem in den Städten eher gross ist. Von allen politischen Parteien. Viele alternative Kulturprojekte wurden lange auch von der politischen Rechten unterstützt. 

 

„Natürlich sind Künstlerinnen und Künstler auf den Bühnen auch Akrobaten. Aber sie stehen auch für hochprofessionelle, wirtschaftliche Unternehmen.“

Michael Kinzer, designierter Direktor der Pro Helvetia (Bild: federal studio)

Es gibt aber auch alternative Projekte, die von rechtsorientierten Politikern eher kritisch gesehen werden. Siehe die Reitschule in Bern zum Beispiel.

Das stimmt. Wenn man die Politik generell betrachtet, geht es auch um eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung. Ich glaube, dieses Misstrauen liegt in einem Missverständnis begründet – in einer Vorstellung, die das Kulturschaffen mit dem Bild des Zirkus verbindet Das wird der Kulturszene jedoch nicht gerecht. Natürlich sind Künstlerinnen und Künstler auf den Bühnen auch Akrobaten. Aber sie stehen auch für hochprofessionelle, wirtschaftliche Unternehmen. Dieses Verständnis vom Kulturbetrieb als einem Sektor von kleinen mittelständischen Unternehmen (KMU), die sich den heutigen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen zu stellen haben, muss man immer wieder betonen. Lausanne bot dafür von Anfang an eher ein gutes Terrain.

 

Das ist Michael Kinzer

Michael Kinzer verfügt über weitreichende Erfahrungen im Kulturbereich, von der Konzertprogrammierung bis zur Leitung von Kulturinstitutionen in La Chaux-de-Fonds. Er wirkte als Direktor das Festivals de la Cité in Lausanne und legte dabei den Schwerpunkt auf die Verbindung von Kultur, öffentlichem Raum und gesellschaftlichen Fragen. Als Leiter der Dienststelle Kultur der Stadt Lausanne spielt er eine Schlüsselrolle in der lokalen Kulturszene.

Unter seiner Leitung wurden bedeutende Initiativen wie das Kunstquartier Plateforme 10 realisiert. Kinzer setzt sich für eine integrative Kulturpolitik ein, die sowohl etablierte Institutionen als auch freie Kulturschaffende unterstützt. Sein Engagement hat massgeblich zur kulturellen Entwicklung Lausannes beigetragen. Ausserdem ist er Präsident der Städtekonferenz Kultur. Ab Juli 2025 wird er Direktor der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia.

In den vergangenen Jahren gab es auch Kritik an seiner Arbeit. Während seiner Amtszeit kam es zu einem Skandal am renommierten Béjart-Ballett, bei dem Vorwürfe von Missbrauch und Mobbing laut wurden. Kinzer wurde für den Umgang mit dieser Krise kritisiert, insbesondere hinsichtlich der Transparenz und der Massnahmen zur Aufarbeitung der Vorfälle. Unter seiner Leitung wurde Lausanne im April 2022 bei den LCD Berlin Awards als «Best Emerging Culture City» ausgezeichnet. Diese Anerkennung würdigte das gemeinsame Engagement der Stadt Lausanne und Lausanne Tourismus für die Entwicklung und Förderung einer vielfältigen Kulturszene.

Wenn man ein solches Terrain noch nicht hat: Wie kann es gelingen, den Boden für Kultur besser zu bereiten in Politik und Gesellschaft?

Es ist ein Mix aus verschiedenen Methoden. Manchmal reichen auch Wörter allein nicht aus. Man muss erklären, was Kultur ist. Sie ist nicht nur elitär, man findet sie nicht nur auf institutionellen Bühnen. Kultur ist ein sehr breiter Begriff – auch Sprache, Gastronomie oder Journalismus sind Teile von Kultur. Sich darüber zu verständigen, dass die Unterstützung von Kultur sehr breit angelegt ist und viele Bereiche betrifft, das ist sicher ein zentrales Argument. Die spezifische, traditionelle Kulturförderung ist eigentlich nur ein Teil davon. 

Wie geht’s weiter, wenn man sich darüber verständigt hat?

Man muss dann auch konkrete Fakten beisteuern können. Zum Beispiel zu Publikumszahlen und Besucherinteresse. Wir haben zum Beispiel in Lausanne eine Million Menschen, die in die Museen gehen und eine Million, die Musik, Theater und sonstige Bühnenproduktionen besuchen. Jede Stadt ist anders, aber die Politik muss sensibilisiert werden, dass das Interesse des Publikums an Kultur sehr breit ist. Die Zahlen zeigen, dass wir nicht von einer Minderheit von elitären Kunstfreunden sprechen, die diese Einrichtungen nutzt. Wir machen Angebote für eine sehr breite Mehrheit der Bevölkerung. 

„Jede Stadt ist anders, aber die Politik muss sensibilisiert werden, dass das Interesse des Publikums an Kultur sehr breit ist.“

Michael Kinzer, Kulturchef der Stadt Lausanne

Sie haben schon das Stichwort KMUs genannt. Wird Kultur zu wenig als Wirtschaftsfaktor gesehen? 

Oft leider ja. Die Studie zu den drei Franken, die man bekommt, wenn man einen Franken investiert in Kultur hatte ich bereits erwähnt. Dazu kommt: Man weiss, dass im Schnitt in der Schweizer Bevölkerung ca. sieben Prozent der Menschen im weitesten Sinne in der Kulturindustrie arbeiten. In den Städten und den urbanen Zentren geht diese Zahl schnell bis zu zehn Prozent hoch. Das ist nicht wenig. Auch wenn man diesen Sektor vergleicht mit anderen eher traditionellen Wirtschaftssektoren, die es oft leichter haben in der Politik.

Wie wichtig sind empirische Daten und belastbare Zahlen für die Überzeugungsarbeit in der Politik?

Sehr, sehr wichtig. Auch wenn sie nicht immer gelesen werden. Allein die Tatsache, uns darauf stützen zu können, finde ich sehr wichtig. Wie erwähnt: Wir dienen in der Kulturpolitik auch der Kulturszene.. Darum sollten wir die Szene auch gut kennen. Zwar verfügen alle, die wir in der Kulturförderung arbeiten über ein gutes Verständnis der Milieus, aber wir überblicken eben immer nur einen Teil. Wenn man mit der Szene und den Experten vor Ort spricht,  kommt es vor, dass sich Überzeugungen als falsch herausstellen. , Es gilt bescheiden zu sein und zu akzeptieren, dass unsere Überzeugungen und unser Verständnis zumindest unvollkommen sind. 

Video: 2022 wurde Lausanne als «Best Emerging Culture City» ausgezeichnet

„Empirische Daten und belastbare Zahlen sind für die Überzeugungsarbeit in der Politik sehr, sehr wichtig. Auch wenn sie nicht immer gelesen werden.“

Michael Kinzer, Präsident der Städtekonferenz Kultur

Wie haben Sie sich in Lausanne der Szene über Studien angenähert?

Als ich hier angefangen habe, haben wir sehr schnell mehrere Studien aufgegleist über das Wirtschaftssystem in der Musik oder über die Theater- und Tanzlandschaft. Auchin den Visuellen Künsten haben wir zwei Untersuchungen lanciert.. Das Wichtigste, wenn man eine solche Studie veranlasst, ist: Man muss auch die Überzeugung und die Möglichkeit haben, sie zu nutzen. Schlimm sind Untersuchungen, die bald irgendwo in der Schublade verschwinden und nichts daraus entsteht.. Man muss die Überzeugung haben, dass man etwas bewirken kann, und man muss es wollen. 

Was konkret haben Sie mit Hilfe von Studien erreicht?

Wir haben beispielsweise für die Musikszene sehr viel bewirkt. Wir haben 30 neue Proberäume geschaffen, wir haben drei neue Clubs gegründet und wir haben unsere Förderinstrumente neu aufgesetzt. Wir haben neue Fördergefässe für junge Künstler:innen und auch für die Kulturindustrie geschaffen. Diese Massnahmen stützen sich zum grossen Teil auf Studien, die wir in Auftrag gegeben haben. So werden Projekte greifbar. 

 

Was Michael Kinzer in Lausanne umgesetzt hat

In Lausanne hat Michael Kinzer verschiedene Initiativen umgesetzt, um die lokale Kulturszene zu fördern und zu diversifizieren. Neben dem im Interview erwähnten Museumsquartier Plateform 10 zählen zu seinen bedeutenden Beiträgen:

- Förderung der Musikbranche: Unter Kinzers Leitung eröffnete Lausanne einen Musik-Hub, der als Plattform für Labels, Vertriebe und Management dient. Dieses Zentrum zielt darauf ab, die lokale Musikindustrie zu stärken und Künstlern sowie Musikunternehmen erschwingliche Arbeitsräume bereitzustellen.

- Eröffnung eines neuen Jazz-Clubs: Im Herzen der Stadt wurde ein Jazz-Club eröffnet, der die musikalische Vielfalt Lausannes bereichert und als Treffpunkt für Jazz-Enthusiasten dient.

- Bereitstellung erschwinglicher Mieten für Kulturbetriebe: Kinzer setzte sich dafür ein, dass Kulturbetriebe in Lausanne Zugang zu bezahlbaren Mietflächen erhalten, um ihre Aktivitäten nachhaltig durchführen zu können.

Die Studien sind das eine, aber geht es nicht auch darum, dass Politiker:innen und Bürger:innen selbst erleben müssen, was Kultur eigentlich bedeutet?

Absolut. Das ist ein wichtiger Aspekt. Was heisst es, Kultur zu produzieren und etwas dem Publikum zu zeigen? Es geht darum, die Menschen mitzunehmen und alle Facetten der künstlerischen Arbeit zu zeigen. Beispielsweise mit Einladungen hinter die Kulissen um Einblicke zu geben, wie man ein Bühnenbild baut, was es heisst, eine Aufführung auf die Bühne zu bringen für eine öffentliche Vorstellung, was es heisst, in einem Museum zu arbeiten, was es heisst die Sammlungen zu bewirten. Es ist wichtig, konkret zu zeigen, was Kultur macht und wie sie arbeitet. Wenn man nur mit Worten arbeitet, dann besteht die Gefahr, auf einer theoretischen Ebene zu bleiben und die Menschen nicht vollends überzeugen zu können.

„Es ist wichtig, konkret zu zeigen, was Kultur macht und wie sie arbeitet.“

Michael Kinzer, Künstler, Kuulturorganisator, Kulturpolitiker

Das heisst, Kultur- und Kunstschaffende müssen transparenter werden in ihrer Arbeitsweise?

Genau. Denn was bedeutet es heute überhaupt, Künstler:in zu sein? Wie arbeiten die Kulturschaffenden über das Jahr? Wie kann man als Schauspieler einen Text erarbeiten, im Wissen darum, dass die Arbeit erst ab den Proben bezahlt werden wird? Dann sollte der Text im Grunde schon sitzen. Das Verständnis dafür, was es wirklich heisst, kulturschaffend zu sein, gilt es zu steigern. 

Folgt das dem Prinzip, dass man erst dann etwas wirklich zu schätzen weiss, wenn man versteht unter welchen Bedingungen und nach welchen Kriterien diese Dinge entstehen?

Ja. Das ist im Grunde in allen Bereichen so. Sowohl in der internationalen Politik, in der Gewerkschaftsarbeit oder in einem Restaurant. Wenn man nicht wirklich versteht, was die Leute in diesen Bereichen machen, wenn man Sachen nicht anfassen und mit den Menschen in diesem Betrieb nicht reden oder Prozesse selbst erleben kann, dann geht etwas an uns vorbei. Es ist ein emotionaler Faktor, der sich verstärken lässt. 

Video: Michael Kinzer über die Auszeichnung als «Best Emerging Culture City» 2022

 

Unsere Serie „Mein Leben als Künstler:in“

Kaum ein anderes Lebensmodell ist so von Klischees verzerrt wie das von Künstler:innen. Aber wie ist es wirklich, dieses Leben als Künstler:in? In der Serie „Mein Leben als Künstler:in“ schreiben die acht Thurgauer Kulturschaffenden Ute Klein, Fabian Ziegler, Thi My Lien Nguyen, Tabea Steiner, Simon Engeli, Sarah Hugentobler, Rahel Buschor und Simone Keller über ihre Arbeit und ihr Leben. Sie geben ungewöhnliche Einblicke und räumen mit alten Klischees auf. Alle Texte der Serie gibt es hier im Dossier.

Schauen wir nochmal auf ihre konkrete Arbeit in Lausanne: Wie läuft die Arbeit zwischen Stadtentwicklung und Kultur bei Ihnen ab? 

Es gibt kein festes Muster. Jedes Projekt wird individuell betrachtet und manchmal ist es auch Zufall. Doch Stadtentwicklungsprozesse mit Kultur zu begleiten ist politisch oft sinnvoll. Lausanne hat aktuell grosse Bau- und Entwicklungsprojekte auf dem Tisch, bei denen Kultur von Anfang an eine wichtige Rolle spielt. Beispielsweise sollen Festivals eingebettet werden und kleine Kulturlocations der Belebung dienen. 

Welche Rolle spielt dabei die Kulturszene vor Ort?

Eine grosse. Die Dynamik der Kulturszene ist wichtig. Es liegt eben nicht alles an der Politik. Eine Szene, die sich mobilisiert und einbringt, so dass die Gesellschaft und die Stadt darauf reagieren können, ist ebenso relevant. Ich würde also sagen: Zwischen politischer Entscheidung, Dynamik der Kulturszene und ein bisschen Zufall liegt der heilige Gral, der Stadtentwicklung und Kultur zusammenführt. Aber allgemeine Antworten gibt es kaum. Man muss die einzelnen Projekte betrachten. 

Gibt es ein herausragendes Projekt Ihrer Amtszeit, woran man das beispielhaft erklären könnte?

Wenn man über ein Projekt reden kann, das eine echter Weichenstellung war, dann ist es natürlich das Projekt „Plateform 10“, das neue grosse Museumsquartier in Lausanne. Auf dem Areal gibt es heute drei Museen, die in einem neuen Quartier direkt neben dem Bahnhof in Neubauten beheimatet sind. Solche Bauprojekte ändern die ganze Dynamik eines Quartiers. Die Potenziale und Resultate dieses Areals werden wir erst in zwanzig Jahren richtig beurteilen können. Das erste Museum hat 2019 eröffnet, die anderen 2022. Die Geschichte ist also noch sehr jung. Aber ganz sicher ist mit diesem Projekt ein komplett neues Kapitel für die Kulturpolitik und das Kulturleben der Stadt geschrieben worden.

 

Was konkret hat das Projekt gebracht?

Die drei Museen hatten im letzten Jahr über 400‘000 Besucherinnen und Besucher, das ist deutlich mehr als sie früher zusammen früher an ihren jeweils eigenen Standorten verzeichneten. Bei solchen Grossprojekten mit Stadt und Kanton braucht es auch pragmatisches Denken: Die Bereitschaft, zu skizzieren, was für die Kultur und was für das Publikum wichtig ist und sich dann darauf zu einigen. Man muss über den eigenen Horizont hinaus schauen. Sonst gelingen keine grossen Würfe.

„Man muss über den eigenen Horizont hinaus schauen. Sonst gelingen keine grossen Würfe.“

Michael Kinzer, designierter Direktor der Pro Helvetia

Wie kann man so ein visionäres Denken, das es ja für solche grosse Projekte braucht, auch in die Politik vermitteln? Gerade in diesen Zeiten, wo es schnell heisst, dafür haben wir eigentlich kein Geld.

Das braucht erstmal Zeit. Wir nahmen verschiedene Anläufe und es hat nicht auf Anhieb geklappt. Ein Vorgängerprojekt am Seeufer wurde von der Bevölkerung abgelehnt. Aus diesem enttäuschenden Resultat entstand eine neue Chance, denn der ursprüngliche Plan sah nur einen Museumsneubau vor. Heute sind es drei Museen, hinzu kommen weitere Bauten, über deren Nutzung noch nicht abschliessend entschieden wurde. 

Was war ausschlaggebend dafür, dass dieses Projekt gelungen ist? 

Es gab eine starke Überzeugung in der lokalen Politik, dazu gehört auch der Kanton, dass dieses Projekt richtig und sinnvoll ist. Es braucht ein Verständnis von der Wichtigkeit der Kultur, politische Courage, den Glauben an die Projekte und die Fähigkeit, Zweifel auszuräumen. 

Ein klares Plädoyer für mehr Mut in der Politik?

Ja. Manchmal braucht es einfach die politische Courage zu sagen, wir gehen dieses Risiko ein. Denn es geht um zehn Prozent der Bevölkerung, die in der Kulturindustrie arbeiten, um einen wichtigen Teil des Zusammenlebens, um einen wichtigen Beitrag an die Attraktivität der Region. 

 

Im zweiten Teil unseres Interviews geht es am Donnerstag, 1. Mai, um Teilhabe, den Unterschied zwischen Kulturförderung in der Stadt und auf dem Land sowie die Rolle des Publikums.

Veranstaltung zum Thema am 13. Mai: Kultur trifft Politik: Stadt- und Gemeindeentwicklung

Wie wollen wir heute miteinander leben? Eine zentrale Frage unserer Zeit, die die UNESCO schon vor fast zehn Jahren beantwortet hat:

 

«Kultur ist die DNA einer Stadt. Kulturelles Erbe trifft hier auf zeitgenössische Kunst und Kultur. Zusammen sind sie der Herzschlag urbaner Weiterentwicklung und Innovation. Kultur muss deshalb integraler Bestandteil von Stadtentwicklungsstrategien sein, um urbane Räume nachhaltig zu entwickeln und ihren Einwohnern eine bessere Lebensqualität zu ermöglichen.»

 

Was bedeutet das jetzt für uns im Thurgau? Wie kann man auch in kleineren Städten und Gemeinden Kultur zu einem Treiber von Siedlungsentwicklung machen? Wie können Politikiker:innen diesen Prozess unterstützen? Und was kann Kultur überhaupt zur Entwicklung von Städten und Gemeinden beitragen? Bei der zweiten Ausgabe von «Kultur trifft Politik» wird darüber nachgedacht und diskutiert. Eingeladen sind Politiker:innen, Kulturakteur:innen und alle, die sich für das Thema interessieren.

 

Termin: Dienstag, 13. Mai, ab 17:30 Uhr

Ort: Apollo Kreuzlingen

 

Das Programm im Detail

ab 17.30h Ankommen & Einstimmen (mit Verpflegung)
18.15h Begrüssung
18.20h Input David Zimmermann, Präsident Verein ThurKultur / Gemeindepräsident Braunau TG
18.30h Workshop Evoloop
19.45h Diskussion mit Roland Ledergerber, Kantonsbaumeister TG; Karin Gubler, Kulturmanagerin; Christophe Rosset, Kulturbeauftragter Wetzikon; Michael Breitenmoser, Mitglied Geschäftsleitung HRS
ca. 20.30h Abschluss

 

Die Teilnahme ist kostenlos. Wir freuen uns aber über deine Anmeldung, damit wir wissen, wie viele Besucher:innen kommen werden. Anmeldungen für den Abend sind hier möglich. Kultur trifft Politik ist eine Veranstaltungsreihe in Zusammenarbeit mit der igKultur Ost, finanziert von der Kulturstiftung Thurgau.

 

 

 

Kommentare werden geladen...

Kommt vor in diesen Ressorts

  • Kulturpolitik

Kommt vor in diesen Interessen

  • Debatte
  • Kulturförderung
  • Kulturvermittlung
  • Gesellschaft

Werbung

Der Kulturpool: Highlights aus den Regionen

Kuratierte Agenda-Tipps aus dem Kulturpool Schweiz.

«Kultur trifft Politik» N°2

„Die Zukunft bauen – wie Stadt-/Gemeindeentwicklung und Kultur voneinander profitieren können.“ Eine Veranstaltung zur Förderung des kulturpolitischen Diskurses. Di. 13.5.2025, Apollo Kreuzlingen. Jetzt anmelden!

Dazugehörende Veranstaltungen

Wissen

«Kultur trifft Politik» N°2

Kreuzlingen, Apollo Kreuzlingen

Ähnliche Beiträge

Kulturpolitik

Förderbeiträge für Künstler:innen

Einmal im Jahr vergibt der Kanton persönliche Förderbeiträge an Kulturschaffende aus dem Thurgau. Das sind die sechs Gewinner:innen in diesem Jahr. mehr

Kulturpolitik

Kanton unterstützt Kult-X weiter

Das Kreuzlinger Kulturzentrum erhält 105’000 Franken für das Kulturprogramm im Jahr 2025. mehr

Kulturpolitik

Kanton hält am Museumsbau fest

Die erste Ausstellung in der Arboner Webmaschinenhalle ist gelaufen. In den kommenden Jahren soll es dort regelmässig Veranstaltungen geben. Das hat der Regierungsrat jetzt bestätigt. mehr