von Michael Lünstroth・Redaktionsleiter, 21.03.2019
Die Entdeckung des Wir
Vier Jahre lang hat der Kanton an einer gemeinsamen Strategie seiner sechs kantonalen Museen gearbeitet. Das Ergebnis: Man will künftig intensiver zusammenarbeiten.
Fünf getrennte Königreiche seien das gewesen, sagt Martha Monstein. Königreiche in denen jeder Herrscher vor allem auf seine Gebiete achtete und was jenseits der Grenzen passierte, interessierte eher weniger. So beschreibt die Leiterin des kantonalen Kulturamts die Situation zwischen den kantonalen Museen (Kunstmuseum/Ittinger Museum, Napoleonmuseum, Historisches Museum, Museum für Archäologie und Naturmuseum) im Juni 2015. „Ein Bewusstsein für Zusammenarbeit hat es damals kaum gegeben“, erklärte Monstein jetzt an einer Medienkonferenz am Donnerstag in Frauenfeld. Das wollte sie ändern und begann im Sommer vor vier Jahren mit der Erarbeitung einer gemeinsamen Museumsstrategie.
Ziele des Ganzen: In einer Welt in der so viele Angebote um die Aufmerksamkeit der Menschen buhlen, die Museen sichtbarer machen. Die Häuser für die Digitalisierung fit machen. Die Verankerung in Politik und Bevölkerung stärken. Die Museen insgesamt weiter entwickeln. Den Austausch untereinander fördern, Synergien schaffen.
Ein Ergebnis: „Man redet wieder mehr miteinander“
Liest man die Berichte von Kulturamts-Chefin Martha Monstein aufmerksam, dann merkt man, dass dieser Weg wohl kein leichter war. Es brauchte vier Jahre und drei Zwischenberichte, um sich auf eine Formel wie eine intensivere Zusammenarbeit in Zukunft zu einigen. Visionen von so etwas wie einem „Dezentralen Universalmuseum Thurgau“ wurden zwar aufgeworfen, dann aber auch schnell wieder verworfen. Stattdessen „redet man jetzt wieder mehr zusammen“, wie Urs Leuzinger vom Museum für Archäologie an der Medienkonferenz sagte. Wie schwierig die Arbeit offenbar war kann man auch an den Dingen erkennen, auf die sich die Museumschefs nicht verständigen konnten: Ein museumsübergreifendes Betriebskonzept wurde „auf die Seite gelegt“, wie Martha Monstein sagte. Ebenso die Idee eines gemeinsamen Auftritts unter einer Dachmarke. Daran werde allerdings noch weiter gearbeitet, erklärte die Kulturamtsleiterin. Die Eigenständigkeit und individuelle Marke der einzelnen Häuser soll einstweilen beibehalten werden.
Das meiste von dem, was nun verabredet wurde, wird die Museumsbesucher kaum berühren. Sie werden es vermutlich nicht mal mitbekommen, weil es vornehmlich um die Organisation von Arbeit und einzelne Abläufe geht. Ein nach aussen sichtbares Ergebnis der Museumsstrategie wird 2020 auf die Welt kommen: Erstmals erarbeiten dann alle sechs Museen eine gemeinsame Ausstellung. Sie trägt den Titel „Thurgauer Köpfe“ und soll, so die Medienmitteilung, „die Besucherinnen und Besucher zum Nachdenken anregen, was der Thurgau war, ist oder auch allenfalls sein könnte.“ Das Thema der Ausstellung (mehr dazu siehe im Kasten am Ende des Textes) soll von April bis Oktober 2020 in allen sechs Häusern gezeigt werden, mit dem spezifischen Blick der jeweiligen Disziplin. Künftig soll alle zwei bis drei Jahre eine solch gemeinsame Ausstellung stattfinden.
Angebote für 3- bis 12-Jährige sollen frischer daher kommen
Und sonst? Gemeinsame Veranstaltungs- und Vortragsreihen sollen kommen, die bisher schon unter dem Titel „Museum für Kinder“ gesammelten Veranstaltungsangebote für 3- bis 12-Jährige sollen grafisch neu aufbereitet werden und am Arenenberg denkt man in Kooperation mit dem Naturmuseum über den Aufbau eines Pädagogik- und Vermittlungszentrums nach, um den Menschen Fauna und Flora direkt in der Natur zu erklären.
Nach den bisherigen Plänen soll die Museumsstrategie bis Ende 2020 umgesetzt sein.
Weiterlesen: Wer sich selbst einlesen möchte: Die Links zu den drei Berichten der «Museumsstrategie Kanton Thurgau» finden sich hier, hier und hier.
Die Ausstellung „Thurgauer Köpfe“ (Stand Januar 2019)
Historisches Museum
Ort: Altes Zeughaus
Inhalt: Fragen und Themen rund um das Thema Persönlichkeit. Welche historischen, gesellschaftlichen und psychosozialen Mechanismen stecken mit Fokus auf den Thurgau hinter dem Phänomen der «Persönlichkeit»?
Kunstmuseum Thurgau
Ort: Oberer Ausstellungskeller
Inhalt: Im Kunstmuseum Thurgau werden das Leben und das Werk von rund einem Dutzend Künstlerinnen aus dem Zeitraum zwischen 1880 und 1980 vorgestellt. Die Beschränkung ausschliesslich auf Frauen bringt nicht nur bis anhin weitge- hend unbekannte Persönlichkeiten ans Tageslicht. Sie thematisiert zugleich die gesellschaftlichen Auswahlmechanismen im Bereich der Kunst sowie deren Wandel.
Ittinger Museum
Ort: Obergeschoss des Ittinger Museums
Inhalt: Die meisten „Thurgauer Köpfe“ konzentrieren sich auf das späte 19. und frühe 20. Jahrhundert. In diesem Zusammenhang wird die Persönlichkeit von Victor Fehr näher beleuchtet.
Museum für Archäologie & Naturmuseum
Ort: Sonderausstellungsraum Naturmuseum/Museum für Archäologie
Inhalt: Die Ausstellung wird gemeinsam mit dem Naturmuseum gestaltet. Angedacht ist ein Weg durch die Jahrtausende, entlang dessen unterschiedliche Grabungen/Personen/charakteristische Pflanzen/Tiere und so weiter liegen. Die ausgewählten Grabungen aus der Jungsteinzeit, Bronzezeit und Römerzeit sind alle vom Archäologen Karl Keller-Tarnuzzer untersucht worden. Darunter befinden sich UNESCO-Welterbestätten wie Eschenz oder Arbon sowie wichtige Fundplätze wie Pfyn, Niederwil und Stutheien. Diese archäologischen Untersuchungen sind weit über die Kantonsgrenzen hinaus bekannt. Aus Sicht des Naturmuseums ist ein Weg durch die Jahrtausende angedacht. Der Ansatz rückt das Kernthema des Naturmuseums – Natur und Naturgeschichte des Thurgaus – ins Zentrum. Dabei wird das Thema der Ausstellung mit den dem Naturmuseum eigenen Inhalten und Sammlungsobjekten interpretiert.
Napoleonmuseum: Hommage an Kaiserin Eugénie (2020 = 100. Todestag)
Ort: Cinéma und Dauerausstellung (Schloss)
Inhalt: Kaiserin Eugénie schenkte dem Kanton Thurgau nicht nur die Liegenschaft Arenenberg, sondern damit verbunden auch wertvolle Kunstsammlungen, die sich meist im Depot des Museums befinden. Erstmals werden nun die Höhepunkte daraus gezeigt. Allerdings nicht als Einrichtungsgegenstände oder Objekte der napoleonischen Legende, sondern als für sich stehende Einzelstücke, als Botschafter des Thurgaus.
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