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Kult-X: Ein Vorschlag zur Krisenbewältigung

Kult-X: Ein Vorschlag zur Krisenbewältigung
Wie geht's weiter mit dem Kreuzlinger Kult-X? Unser Redaktionsleiter Michael Lünstroth hätte da eine Idee. | © Canva

Warum die Debatte um das Kult-X zu kleinteilig geführt wird und wie man die Idee des Kreuzlinger Kulturzentrums  retten könnte. Ein Vorschlag. Und ein Kommentar. (Lesedauer: ca. 3 Minuten)

Wer zu nah vor einem Bild steht, verliert vor lauter Details, den Blick fürs grosse Ganze. Was für einen Museumsbesuch gilt, gilt aktuell auch für die Debatte ums Kreuzlinger Kulturzentrum Kult-X. Das grössere Bild in diesem Fall ist: Das Kult-X ist ein funktionierendes Kulturzentrum, das der regionalen Kultur Sichtbarkeit verleiht und das Publikum mit abwechslungsreichem Programm überrascht.

Wegen der aktuellen internen Machtkämpfe droht das in Vergessenheit zu geraten. Deshalb wollen wir uns hier auf das Wesentliche konzentrieren. Woran hakt es eigentlich, wenn man alle persönlichen Befindlichkeiten abzieht?

Taugt der Trägerverein als Modell für ein Kulturzentrum?

Stellt man sich diese Frage, landet man schnell bei der Struktur des Projektes. Ein Trägerverein bündelt alle im Kulturzentrum aktiven Vereine und steuert den Betrieb. Dieses Konstrukt hat sich aus der frühen Vision des Vorhabens ergeben: Im Kult-X sollten nicht einfach verschiedene Veranstalter Dinge auf die Bühne bringen, sondern Ziel war es, dass etwas entsteht, das darüber hinaus geht: Interdisziplinär, gemeinschaftlich, innovativ.

Schaut man heute auf die Veranstaltungen im Kult-X, dann ist von der Idee der Kooperation nicht viel übrig geblieben. Hauptveranstalter ist inzwischen der von Stephan Militz gegründete Verein Kultur Worx. Ab da wird es dann aber kompliziert. Denn auf die Frage, warum das so ist, gibt es zwei verschiedene Antworten.

Manche Vereine sagen, sie hätten kaum noch Chancen etwas zu veranstalten, weil die Betriebsleitung des Kult-X, also Stephan Militz und Christine Forster alles an sich rissen. Militz und Forster hingegen sagen: Nein, das stimmt nicht. Wir machen nur deshalb so viel, weil sich nur wenige Vereine mit Ideen fürs Programm einbringen. Das ist die klassische Henne-Ei-Problematik: Was zuerst da war, hängt massgeblich vom Standpunkt des Betrachters ab.

Vergangenheit abhaken und nach vorne schauen

Steht Wort gegen Wort hilft nur, die Vergangenheit abzuhaken und nach vorne zuschauen. Also: Wenn es bei dem Konstrukt Trägerverein bleiben soll (das hat die Stadt jedenfalls mehrfach betont zuletzt), muss man für die Zukunft aus den Fehlern der Vergangenheit lernen. Es müsste ein Modell zwischen einem basisdemokratischen Jekami und einem hierarchischen Intendantenmodell sein.

Dieses Modell müsste einerseits Freiheit und Gestaltungsspielraum ermöglichen, um kreativ zu bleiben. Es braucht andererseits aber auch eine gewisse Führung, damit ein erkennbares Profil entsteht. Das funktioniert nicht, wenn alle Vereine - unabhängig von ihrem Engagement - gleich viel mitreden können.

Warum nicht konstruktive Mitgestaltung mit Stimmgewicht belohnen?

Klug wäre ein Modell, dass die positiven Kräfte bündelt. Eines, das konstruktive Mitgestaltung belohnt, statt destruktives Verhalten zu sanktionieren.

Erreichen liesse sich das, in dem man die Stimmkraft an den Grad des Engagements koppelt: Wer sich mehr für das grosse Ganze einbringt, darf auch mehr mitbestimmen. Das versteht jeder, ist gerecht und schärft den Sinn für das Gemeinsame. Partikularinteressen werden schnell entlarvt beziehungsweise finden gar nicht erst einen grossen Resonanzraum.

Das bedeutet nicht, dass sich alle Vereine dem einen, grossen Ziel unterordnen müssen. Konstruktive Kritik ist überlebenswichtig, um neue Ideen zu entwickeln und sich ständig zu hinterfragen. Inhaltlich behalten die Vereine natürlich ohnehin die Gestaltungshoheit über ihre Programme.

Die destruktiven Kräfte schwächen

Aber wer strukturell mitreden will im Trägerverein und in Kollaborationsprojekten, muss sich eben auch entsprechend engagieren. Nur so kommt man davon weg, dass Leute Dinge zwar kritisieren, die Verantwortung für eine Veränderung der als schlecht empfundenen Situation aber lieber abschieben.

Führt man ein solches Stimmgewicht nach Engagement ein, schwächt man automatisch destruktive Kräfte und stärkt jene, die ernsthaft mitgestalten wollen. Und dann kommt man auch wieder der ursprünglichen Vision näher, dass alle gemeinsam etwas Neues entwickeln - und nicht nur jeder für sich.

Das wäre ein Ziel für dass es sich zu kämpfen lohnte. Eines, das übrigens nicht so fern ist, wie mancheiner gerade behauptet.

Ohne Forster und Militz gäbe es das Kult-X in seiner jetzigen Form nicht

Die Herausforderungen dies umzusetzen sind zwar gross, aber die Geburtsfehler des Kult-X sind nicht so gravierend, dass sie nicht behoben werden könnten. Nach dem angekündigten Rückzug des bisherigen Vorstands und der aktuellen Betriebsleitung, muss nun zügig ein neues Leitungsteam gefunden werden. Die Messlatte dafür liegt hoch.

Denn: Sollte die noch ausstehende finale Revision der Buchführung des Vereins keine weiteren Mängel ergeben, gilt: Bei allen Fehlern, die gemacht wurden gehört zur Wahrheit eben auch, dass niemand bisher das Kulturzentrum in Kreuzlingen so weit entwickelt und so erfolgreich geführt hat wie Christine Forster und Stephan Militz.

Ruft man sich das in Erinnerung, fällt einem zudem noch etwas anderes auf: So richtig es ist auf die Strukturen eines entstehenden Kulturzentrums zu schauen (offiziell läuft nach wie vor die Erprobungsphase!), so unverhältnismässig kam mir die Debatte über das Kult-X zuletzt manchmal vor.

Wenn wir uns bei einer jungen, wachsenden, start-up-ähnlichen Unternehmung so intensiv um Verflechtungen und Transparenz kümmern, müssen wir das erst recht bei viel älteren, über die Jahre gewachsenen Strukturen tun.

Wenn wir über Verflechtungen reden, dann überall

Und dabei in der Stadtpolitik anfangen. Man könnte sich zum Beispiel fragen, ob es klug ist, dass die Stadträtin für Kultur Geschäftsinteressen teilt mit einem Akteur der Kreuzlinger Kulturszene, der im Zweifel von ihren politischen Entscheidungen profitiert. Zwar operiert die gemeinsame Firma nicht im Kultursektor.

Trotzdem kann die Verbundenheit in dem einen Feld, zu einer fragwürdigen Nähe in einem anderen Feld führen. Alleine um diesen für die Demokratie fatalen Eindruck gar nicht erst entstehen zu lassen, sollte jede:r aktive Politiker:in solche Verbindungen unbedingt meiden. Wenn die Stadt schlau ist, dann lernt sie aus dem Vorfall und erarbeitet zügig einen Ethik-Leitfaden für Stadt- und Gemeinderat, in dem klar formuliert wird, was erlaubt ist - und was nicht.

Was bleibt am Ende? Mit einiger Distanz zum Gesamtbild erkennt man vor allem eines dieser Tage: Vielleicht ist am Ende gar nicht so sehr das Kult-X das grösste Problem. Sondern vielmehr die gewachsenen Machtstrukturen und Verfilzungen in einer kleinen Stadt, die der Fall offenbart.

 

Mehr zum Thema

Die Hintergrundrecherche «Aus der Traum. Das Kreuzlinger Kulturzentrum Kult-X sollte ein Aushängeschild für die Stadt werden. Sechs Monate nach der erfolgreichen Volksabstimmung wird das Haus erschüttert von internen Machtkämpfen.» gibt es bei uns im Magazin.

 

 

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