von Andrin Uetz, 21.02.2024
Feinsinnige Klangfarben und packende Soli
Das Sarah Chaksad Large Ensemble gastiert mit einem neuen Album am 23. Februar im Eisenwerk Frauenfeld. Warum sich ein Besuch lohnt. (Lesedauer: ca. 2 Minuten)
Die Konzertreihe „Jazz:Now“ bringt regelmässig hochkarätige Bands und Ensembles ins Eisenwerk. Besonders erfreulich ist dabei, dass die Programmgruppe hier auch immer mal wieder grösseren Formationen eine Plattform bietet. So stehen am Freitag, 23. Februar, mit dem Sarah Chaksad Large Ensemble 13 Musiker:innen auf der Bühne. thurgaukultur.ch stellt euch das Projekt vor.
Mit einem neuen Album auf Tour
Die Aargauer Saxophonistin und Komponistin Sarah Chaksad hat sich in der internationalen Jazz-Szene für ihre feinsinnigen Arrangements für Bigband und Orchester einen Namen gemacht. Mit dem Sarah Chaksad Large Ensemble versucht sie nun den „Sweetspot“ zwischen orchestralen Klangfarben – immerhin dreizehn verschiedenen Instrumenten – und der Agilität einer Jazzband zu finden. Dabei lassen ihre Kompositionen genug Raum für die individuellen Qualitäten der Musiker:innen, verweben notierte Texturen und freie Improvisation.
Das funktioniert in diesem Fall bestens, denn das Ensemble besteht aus folgenden in der Jazz-Szene durchaus gefragten Personen: Sarah Chaksad (Alt- und Sopran-Saxophon, Komposition), Yumi Ito (Gesang), Christoph Bösch (Querflöte), Fabian Hillmann (Tenor-Saxophon, Klarinette), Catherine Delaunay (Klarinette, Bassetthorn), Hildegunn Øiseth (Trompete), Paco Andreo (Posaune, Euphonium), Lukas Wyss (Posaune), Sophia Nidecker (Tuba), Julia Hülsmann (Klavier), Fabio Gouvea (Gitarre), Dominique Girod (Kontrabass) und Eva Klesse (Schlagzeug).
Video: Das Sarah Chaksad Large Ensemble mit "Circle" vom Album "Together"
Musikinstrumente im Gespräch
Mit zehn Songs bietet das neue Album „Together" ein abwechslungsreiches Hörerlebnis, welches die Möglichkeiten und Klangfarben des grossen Ensembles auskostet und dabei den individuellen Qualitäten der Musiker:innen in jeweiligen Soli genug Platz einräumt. Dabei setzt Sarah Chaksad auf zugängliche, aber auch vielschichtige Melodien und Harmonien. Sie scheut sich in Nummern wie etwa dem Titeltrack „Together" oder „Louana" auch nicht vor einem gewissen Pathos, welches im besten Fall an die wunderbaren „Sketches of Spain" von Gil Evans und Miles Davis erinnert.
Ebenso hörenswert wie die vollen Passagen sind aber auch die ruhigen und stillen Momente, die kleinen Kammerspiele innerhalb des Ensembles: beispielsweise, wenn bei „Green 2" das Bassetthorn in die Stille soliert, dann langsam das Schlagzeug dazu kommt und sich das Ensemble im Ostinato schleichend zu einer Vielstimmigkeit aufbaut. Oder wenn bei „Lost" zwischen Piano und Stimme so etwas wie ein spontaner Dialog entsteht, ganz so, als würden in einer grösseren Gruppe zwei Personen sich über ein Thema austauschen, bei dem alle zuhören und dann auch nach und nach in die Diskussion mit einstimmen.
Video: Im Track "Lost" tritt die Sängerin Yumi Ito mit der Pianistin Julia Hülsmann in einen Dialog
Mehr als kitschige „Weltmusik"
Durch den Einbezug von Instrumenten und Spieltechniken ausserhalb des europäischen Kanons hätte man die Musik des Sarah Chaksad Large Ensembles vor dreissig Jahren wohl noch unter dem Label der „Weltmusik" vermarktet. Im Zuge postkolonialer Diskurse und einem gestärkten Bewusstsein für Positionen ausserhalb von eurozentrisch-amerikanischen Narrativen kommt dieser „Mehrstimmigkeit" oder „Mehrperspektivität" eine andere, politische Dimension zu.
Die Musiker:innen stehen mit ihrem Zusammenspiel, welches verschiedenste Biografien und Nationalitäten zusammenbringt, für einen gleichberechtigten Austausch über Landes- und Standesgrenzen hinaus. Mit verschiedenen Wendungen und Stimmungen ist das kompositorisch schön umgesetzt. Hier wird nicht einfach eine kitschige weltumspannende Eintracht im Stile von „We Are The World" propagiert, sondern Zeit gelassen für Individualität und Differenz. Ein besonderes Hör- und Konzerterlebnis, auf das sich das Publikum im Eisenwerk freuen darf.
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