22.08.2018
Wie schreibt man für Kinder und Jugendliche?
Am 29. August wird bei Orell Füssli in Frauenfeld mein erster Kinderroman «Cat Cat» getauft. «Wie schreibt man eigentlich für Kinder und Jugendliche?» werde ich oft gefragt und möchte das hier beantworten.
Ich schreibe schon lange für Kinder und Jugendliche und kann mich nicht genau daran erinnern, wie ich es «gelernt» habe. Dass ich als Kind nonstopp gelesen habe, war sicher eine hilfreiche Voraussetzung. Weiter schreibe ich Geschichten für junge LeserInnen, zum Beispiel für Magazine oder Lesungen und habe Schreibworkshops für Kinder und Jugendliche geleitet. Durch die jungen Lesenden und Schreibenden habe ich wohl am meisten gelernt, durch ihre Reaktionen auf das, was ich geschrieben oder vorgelesen habe, durch die Fragen, die sie mir gestellt haben.
Den Rucksack mit Schreibtheorie füllen
Um das Schreiben für Kinder «zu lernen» würde ich raten, viel zu schreiben und die Texte den Kindern vorzustellen. Ich habe auch einen Schreibkurs für Kindertexte besucht, der mich begeistert hat und dank dem ich meinen Rucksack mit viel Schreibtheorie füllen konnte. Und das Buch «Handbuch für Kinder- und Jugendbuchautoren» von Sylvia Englert, erschienen im Autorenhausverlag, war und ist für mich relevant. Beim Schreiben ist mir wichtig, dass nicht nur das Schreibhandwerk «verhebet», sondern dass ich ein Buch schreibe, dass ich auch selber gerne lesen würde.
Brainstorming, um Gedanken zu ordnen.
Die Idee für «Cat Cat» entstand nach dem Tod einer meiner Katzen. Ich habe mich daran erinnert, wie erschüttert ich als Kind war, wenn ein Haustier gestorben ist. So begann ich mich mit dem Gedanken zu tragen, ein Kinderbuch zu diesem Thema zu schreiben. Während einem Brainstorming habe ich alles aufgeschrieben, was mir dazu in den Sinn kam. Brainstormings helfen mir beim Schreiben – ob es nun für Kinder oder für Erwachsene sei – und auch bei anderen Aufgaben, um die Gedanken zu ordnen, die durch meinen Kopf ziehen. Danach mache ich mich an die Umsetzung der Geschichte.
Platz für Fantasie
In der Praxis bedeutete das Schreiben von «Cat Cat» für mich, mir erst die Figuren und die Dramaturgie der Geschichte auszudenken. Danach habe ich – das mache ich bei jedem Buch – kleine Seitenexposees geschrieben. Das heisst, ich schreibe auf, was auf jeder Seite ungefähr passiert. Danach kenne ich den Aufbau, die Konflikte, den Höhepunkt und das Ende des Buches. Da klingt vielleicht nach einem «sturen» Konzept, aber innerhalb dieser Dramaturgie hat es Platz für viel Fantasie – und man verliert trotz aller Einfälle den roten Faden nicht.
Schreiben im Büro
Wichtig finde ich, dass man an einem Buch, wenn man es das erste Mal niederschreibt, immer weiter- und weiterschreibt. Bei einem meiner Manuskripte (aus dem nie etwas geworden ist ...) habe ich immer wieder von vorne begonnen, weil mir der Anfang nie stimmig vorkam. Wenn man aber einen Lauftext hat und den Anfang immer wieder umschreibt, muss man je nachdem auch den Lauftext anpassen und kommt nicht recht vom Fleck. Ich habe «Cat Cat» relativ flüssig niedergeschrieben und das zumeist in meinem nüchtern gehaltenen Büro.
Wie ein neuer Text
Ich muss meine Texte immer laut lesen, um zu erkennen, ob der Rhythmus stimmig ist oder Schreibfehler im Text lauern. Ein guter Trick ist auch, den Text in eine andere Schrift und Schriftgrösse zu setzen, mir kommt es dann immer vor, als würde ich einen «neuen» Text lesen. Nun ist mein Kinderroman «Cat Cat» fertig, bald wird das Buch getauft und im Herbst werde ich Ihnen bei thurgaukultur erzählen, was ich während den Lesungen mit dem Buch erlebt habe.
Tanja Kummer & ihr neuestes Buch
* 1976 in Frauenfeld, ist gelernte Buchhändlerin und schreibt. 2013 erschien der Erzählband «Alles Gute aus dem Thurgau», mit dem sie eine ausgedehnte Lesereise durch den Kanton gemacht hat. Darüber und über die Entstehung des Buchs «sicher ist sicher ist sicher» hat sie auf thurgaukultur.ch gebloggt.
Insgesamt sind acht Bücher von ihr erschienen: Gedichte, Erzählungen und Romane. Der Kinderroman «Cat Cat» ist im Arisverlag erschienen: www.arisverlag.ch.
Die Buchtaufe von «Cat Cat» mit Katzenquiz findet am 29. August um 14 Uhr bei Orell Füssli am Bahnhofplatz 76 in Frauenfeld statt. Der Eintritt ist frei, um eine Platzreservation wird gebeten unter frauenfeld@orellfuessli.ch
Ähnliche Beiträge
Wirklichkeit ist, was du daraus machst!
Michèle Minelli hat ein neues Buch vorgelegt, das schwer aus der Hand zu legen ist. Man will einfach wissen, wie es endet. Wer das noch nicht wissen will, der lese diesen Text nicht bis zum Schluss. mehr
Sanfte Radikalität
Die Aargauer Autorin Barbara Schibli stellt ihr zweites Buch vor: «Flimmern im Ohr» erzählt von einer Frau, die mitten im Leben steht und dennoch einen Blick zurück auf ihre wilden Jahre wirft. mehr
Familiengeschichte im Zeichen des Kolonialismus
Mit „The White Rasta“ erforschte die Autorin Dominique Haensell ihre Herkunft. Ein Teil des Buches entstand während eines Stipendiums im Literaturhaus Thurgau. Dort liest sie am 24.Oktober daraus. mehr